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Als sich Kommissar Krumm am Nachmittag des Faschingsdienstag die letzten zehn Faschingskrapfen von Bäcker Hösel rein gezogen hatte, wurde ihm schlecht. Ihm wurde schlecht, als er sich auf dem WC seines Büros im Spiegel ansah. Seine Wampe drohte, dreidimensional und überdimensional und außerdimensional zu werden. Es musste etwas passieren.

Der große Mann entschloss sich schweren Herzens, die Fastenzeit für eine dringend überfällige Fastenkur zu nutzen. Aschermittwoch fing er gleich damit an, indem er morgens früh aus dem Bett hüpfte, sich in Windeseile anzog und wie einst Sascha Hehn in der Schwarzwaldklinik locker-flockig in den Cabrio sprang. Früher als sonst bog er von der Landsberger Straße auf die Straße Am Knie ein und parkte den Wagen.

Als Krumm die Ladentür aufschließen wollte, stutze er. Die Tür war nicht verschlossen. Irritiert trat er ein und erschrak. Sein bester Mitarbeiter Mr. Walbroel lag in voller Pracht vor ihm auf dem Fußboden, neben ihm eine Pizzaschachtel. Schlief er oder war er gar kurz vorm Abnippeln? Hatte er sich mal wieder ein Kölsch in München bestellt und war angesichts von zu viel Zahnputzgläsern der schalen Plörre ins Büro gefahren anstatt zu hause zu schlafen?

Die Spürnase von Krumm nahm ihren Dienst auf. Der Puls war da – Gott sei Dank. Ein paar Klapse auf die Pausbacken von Mr. Walbroel und der Kerl von einem Mann öffnete die Augen. Was war passiert? Mr. Walbroel meldete sich in gewohnt rheinischem Slang zu Wort. Er wüsste auch nicht, wie ihm geschehen sei. Er hätte sich abends noch eine Pizza Frutti di Mare bestellt und hätte sich nach dem Essen wieder an die Arbeit machen wollen, da sei ihm auch schon schwarz vor Augen geworden.

Die Pizza stammte von Luigi, dem Italiener ums Eck, der für gewöhnlich sehr gute Qualität lieferte. Kommissar Krumm kombinierte. Meeresfrüchte hatten Leuten schon oft eine Fischvergiftung ins Haus geliefert, aber das man gleich davon bewusst los wurde? Er beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Nachdem er die Pizzaschachtel konfisziert hatte, lief er im Stechschritt rüber zu Luigi und ließ erstmal Dampf ab. Der Italiener konnte was erleben!

Luigi faselte nur etwas von scusi hier, scusi da, alimentari fresci und so weiter. Krumm konnte ihm nicht böse sein. Dafür hatte er schon zu viele gute Pizzen bei Luigi verschlungen. Der Kommissar ließ sich die Nummer des Fischlieferanten von Luigi geben und brauste mit seinem Cabrio in den Euroindustriepark zu Spinoza.

Nachdem er wutschnaubend den Besitzer verlangt hatte, watschelte ihm eine in schwarz gekleidete Mama entgegen und fragte nur schnippisch: „Che cosa c’è?!“ Krumm ließ sich davon nicht beeindrucken, hielt ihr den leeren Pizzakarton unter die Nase und fragte sie nach der Herkunft ihrer lumpigen Meeresfrüchte. Sie glotzte in den Karton und machte große Augen. Die Ladenbesitzerin zeigte mit dem Finger in den Pizzakarton und fragte Krumm, was die blauen Spuren zu bedeuten hätten. Irritiert schaute der Kommissar in die Schachtel und wunderte sich. Er hatte die tintenähnlichen Flecke in der Schachtel doch glatt übersehen. Das musste das fehlende Essen schuld sein. Gequält schaute er sich im Feinkostladen um und versuchte, nicht an Essen zu denken. Schnell ließ er sich noch die Tiefkühltruhe mit den schockgefrosteten Meeresfrüchten zeigen und ließ sich überzeugt von der Unschuld der Mama im Cabrio nieder.

Nach einer kurzen Denkpause fuhr Krumm mit knurrendem Magen wieder zu Luigi, um dort der Sache auf den Grund zu gehen. Vor Ort bot sich ihm ein jämmerlicher Anblick. Luigi hing deprimiert auf einem Barhocker und hielt sich an einem Glas Grappa fest. Als er Kommissar Krumm sah, fiel der Italiener ihm schluchzend in die Arme. So viel Zutraulichkeit von einem Mann weiß Gott nicht gewöhnt, setzte er Luigi auf seinen Platz zurück und forderte ihn auf zu erzählen.

Luigi erzählte stockend, er habe noch mal seinen Koch gefragt, ob ihm bei der Zubereitung der Pizza etwas aufgefallen sei. Der Koch hätte ihm daraufhin gestanden, er habe nebenher einen Liebesbrief an seine Angebetete geschrieben und dabei sei ihm der Tintenfüller ausgelaufen und teilweise sei wohl auch Tinte auf die Pizza gespritzt. Krumm ließ sich die Tatwaffe zeigen und war sofort auf 180. Wie konnte man nur einen solchen Billigfederkiel benutzen! Erbost stellte er Luigi zur Rede, warum er die Qualitätsprodukte von Krumm seinen Mitarbeitern vorenthielt, woraufhin dieser hilflos stammelte, der Koch hätte seinen eigenen Füller von zu Hause mitgebracht. Krumm widerfuhr eine Hungerattacke und er ließ sich nach erfolgreicher Lösung ermittelt des Falls von Luigi zu einer gewohnt leckeren Pasta einladen. Nudeldiät statt Nulldiät lautete von nun an seine Devise.

 

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