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Nach einem üppigen Geschäftsessen, bei dem ich mir mal wieder zehn Schweinshaxen reingehauen hatte, fuhr ich in meinem mit einer frischen Beule vom Einparken versehenen alten Cabrio nach Hause, um noch einen letzten Whiskey zu trinken.

Als ich meine PlattenbauWohnung im neunten Stock aufschließen wollte, stolperte ich über einen Brief vor meiner Tür. Welche Frau schrieb mir einen Liebesbrief? Mit meinem Zinken im Gesicht und meiner Wampe vorne weg stieß ich in der Regel nicht auf allzu großes Interesse des anderen Geschlechts, wie auch mein Assistent Mr. Walbroel mir oft genug unter die Nase rieb und mit seinen Frauengeschichten prahlte.
Im Chaos meiner kleinen Wohnung schmiss ich einen Wäscheberg vom Sofa, um einen Sitzplatz zu haben. Als ich den Brief umdrehte, um nach dem Absender zu schauen, war der Umschlag voll von eingetrocknetem Blut. Mein kriminalistischer Spürsinn war geweckt. Ich grabschte nach den alten Lederhandschuhen, die ich in solchen Fällen überstreifte und öffnete vorsichtig den Brief.

In etwas kindlicher Handschrift stand da geschrieben: „Sehr verehrter Herr KRUMM, als alte Kundin von Ihnen wende ich mich mit einer Bitte an Sie. Leider wurden mir jegliche Befugnisse für den Büromaterialeinkauf entzogen, was ja schon bedauerlicherweise das Ende unserer Zusammenarbeit zur Folge hatte. Ich kann es nicht mehr länger mit ansehen: es werden nur noch lausige Billigordner aus Fernost bestellt, die aufgrund der dünnen Pappe ständig aus den Regalen fallen. Letztens wäre ich fast einmal von einem herunterfallenden Ordner erschlagen worden! Können Sie nicht eine Musterprobe Ihrer Ordner an die Geschäftsleitung schicken? Vielleicht überzeugt die hervorragende Qualität Ihrer Ordner die Herren da oben doch noch? Das wäre zu schön! Hochachtungsvoll, Hildegard Wagner“. Ich war ganz hin und weg, dass mir eine Frau ihre intimsten Gedanken mitteilte und schluckte diese für einen KRUMM ungewohnten Gefühle mit dem letzten Schluck Whiskey hinunter. Aber was hatten diese Blutflecke zu bedeuten? War Hildegard Wagner, diese dominante Frau im Büro von Kluge & Partner GmbH, etwa in Gefahr? Unruhig wälzte ich mich in der Nacht im Bett herum und beschloss, der Sache am nächsten Morgen auf den Grund zu gehen.

Als ich am nächsten Morgen Mr. Walbroel im Büro anrief, riss ich ihn aus seinem morgendlichen Tiefschlaf, den er in der Regel im Büro fortzusetzen pflegte. Ich gab ihm zu verstehen, dass ich mich um Hildegard Wagner kümmern müsse und KRUMM eventuell ein neuer Fall ins Haus stand. Ich rief bei der Anwaltskanzlei Kluge & Partner an und verlangte nach Hildegard Wagner. Als ich ihre tiefe Stimme vernahm, fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich fragte sie, ob alles mit ihr in Ordnung sei, woraufhin sie verwundert erwiderte, dass es ihr bestens gehe. Kleinlaut berichtete ich ihr von den Blutspuren auf ihrem Brief. Da wieherte sie ins Telefon und erzählte, dass sie sich an den Kanten des Billigpapiers die Finger aufgeritzt und das dann wohl Spuren hinterlassen hätte. So viel Fürsorge sei sie gar nicht von KRUMM gewohnt. Mein Zinken errötete wie immer, wenn ich verlegen war und ich schnauzte eine Verabschiedung ins Telefon, um dieses peinliche Gespräch schnell zu beenden.

Was für ein Tag! Mr. Walbroel würde sich wiederum in seinem Urteil bestätigt fühlen, das mich meine überdimensionale Spürnase auch manchmal auf den Misthaufen führte. Trotzdem insgesamt erleichtert thrauschte ich mit dem alten Cabrio ins Büro und machte die Musterprobe für Kluge & Partner fertig.

 

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